24.10.2012: Markt steigt nicht in die kommunale Sonderbaulast ein
In der Gemeinderatssitzung vom 24.10.2012 wird unter <link file:79052>Tagesordnungs-Punkt 7
"Verlegung der Staatsstraße 2243 westlich von Neunkirchen a. Brand;
Abschluss einer Planungsvereinbarung mit dem Freistaat Bayern zur Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens sowie Vergabe von Planungsleistungen"
über einen Antrag der Verwaltung abgestimmt, der vorsah, die Planung der Westumfahrung im Rahmen des Verfahrens "Kommunale Sonderbaulast" vorzuziehen. Das Verfahren erlaubt unter der Inaussichtstellung einer Föderung von 70 - 80% der Planungs- und (späteren) Baukosten für die Kommune das Erstellen von Planfeststellungsunterlagen unter deren Regie als (potentieller) Baulastträger, welche anderenfalls der Freistaat für Objekte nach Stufe 1 Reserve erst bei der nächsten Bayern-weiten Bewertung zum Dekaden-Wechsel 2019/20 erstellen lassen kann, erhält dieses dabei einen vorderen Rang zur Realisierung.
Das Abstimmungsergebnis lautet 9:10, der Antrag und damit das vorgezogene Erstellen von Unterlagen zur Planfeststellung wurde somit abgeleht.
Mit dem Beschluss zur Planfeststellung wird Baurecht erlangt. Das Verfahren zur Planfeststellung sieht folgende Schritte vor:
1. Planerstellung durch den Vorhabenträger
2. Einreichen des Planes bei der zuständigen Anhörungsbehörde (§ 73 Abs. 1 VwVfG)
3. Anhörungsverfahren (§ 73 Abs. 2 VwVfG), Einholen von Stellungnahmen betroffener Behörden
4. Öffentliche Auslegung (§ 73 Abs. 3 VwVfG)
5. Erörterung (§ 73 Abs. 6 VwVfG)
6. Weiterleitung der Anhörungsergebnisse (§ 73 Abs. 9 VwVfG)
7. Planfeststellungsbeschluss
Mit dem Vorgehen versuchte der Markt Neunkirchen, das Sonderbaulastverfahren gemäß einem Angebot des Freistaats, das er über das Staatliche Bauamt mit Billigung des Innenministeriums erhielt, zu nutzen.
Dieses Angebot sah vor, dass der Markt alleine mittels formalem Bekenntnis
"Andenken der Durchführung in kommunaler Sonderbaulast (sprich: Übernahme der Baulastträgerschaft (= Wandel des Vorhabenträgers vom Staat zur Kommune) zu einem späteren Zeitpunkt)" eine Planungsvereinbarung mit dem Freistaat zur Planfeststellungsdurchführung hätte abschließen können. Dazu hätte der Markt im Rahmen des Sonderbaulast-Verfahrens Planungsleistungen in Höhe von TEU 103,0 (zunächst) beauftragen müssen, und zwar für:
- Objektplanung Verkehrsanlage [TEU 45,7]
als Weiterentwicklung des bisherigen Entwurfs (Lph 3.2) in eine Genehmigungsplanung (Lph 4) mit dem Einbringen diverser Ausgestaltungs-Wünsche des Marktes;
zeitlich erst endgültig für das anvisierte Genehmigungsverfahren abzuschließen, wenn alle Ergebisse der Fachbeiträge vorliegen. - aktuelles Verkehrsgutachten (zeitkritisch) [TEU 17,1],
notwendig wegen "eklatanter Abweichungen" der veröffentlichten Straßenenverkehrszählung 2010 mit gravierend niedrigeren Ergebnissen, Zählungsabschluss noch im Oktober 2012 (damit Ergebnisse zur OU Dormitz vergleichbar genutzt werden können, Erstellungsdauer 8 - 12 Wochen - Hydrotechnische Untersuchung [TEU 4,8]
(Aktualisierung wegen technischer Umplanung, erst nach Abschluss Objektplanung (fast final) möglich), - Landschaftspflegerischer Begleitplan + spezielle Artenschutzrechtliche Prüfung (sAP) + Aktualisierung Kartierung, (zeitkritisch) [TEU 36,3] Beobachtung über alle Vegetationsperioden = 1 Jahr, danach Fertigstellung der naturschutzfachlichen Fachbeiträge
Vom Freistaat (Staatliches Bauamt) war auf dessen Kosten zu ergänzen:
- Bodengutachten incl Begleitung Bodenerkundung [TEU 11,1]
- Bodenerkundung [TEU 57,3, vorläufig]
(Bohrungen. Sondierungen, Schürfung auf den Grundstücken nach vorheriger Betretungserlaubnis - witterungsabhängig)
Generell bleibt seltsam:
- Der Freistaat Bayern würde die Westumfahrung von Neunkirchen im Kommunalen Sonderbaulast-Verfahren mitfinanzieren, wenn sich der Markt mit voraussichtlich 20-30 % an den geschätzten Gesamtkosten von 7,3 Mio Euro (ohne die besonderen Ausgestaltungs-Wünsche des Marktes - mit diesen geschätzt 10 Mio Euro) beteiligt.
Die Übernahme der Kosten für einen Kreisverkehr auf der derzeitigen Innerortsumfahrung (bei der Baywa), einer Stelle, an der es bereits mehrere mittlere bis schwere Unfälle gab, und der mit 0,5 Mio Euro Baukosten angesetzt wird, lehnt er jedoch ab. Dabei würde hier eine Staatsstraße erheblich verbessert und sicherer gemacht. - Zusammen mit einer Sanierung der Friedhofstraße, deren 40 m lange Engstelle zur Rechtfertigung der Umgehungsstraße herhalten muss, und einer Aufweitung am Forchheimer Tor ergäbe dies eine kostengünstige und dauerhafte Verbesserung der derzeitigen Innerortsumfahrung.
- So aber kann man sich nur fragen, was wohl die Gründe für Innenminister Herrmann sein mögen, kleine Gemeinden in ein für sie so teures Verfahren wie die Kommunale Sonderbaulast zu locken.
- Braucht Bayern wirklich noch mehr Straßen? Auch wenn es sich diese nicht leisten - geschweigen denn mittelfristig erhalten - kann und einen Teil der Kosten dafür auf die Kommunen abwälzt?
- Muss wirklich jedes Jahr alleine in Bayern eine Fläche in der Größe der Stadt Nürnberg versiegelt werden?
- Könnten die bayerischen Bauunternehmen nicht viel sinnvoller mit der dringenden Sanierung bestehender Straßen beschäftigt werden?
Die Neunkirchner Bürger können jedenfalls dank der Vernunft im Marktgemeinderat jetzt erst einmal aufatmen:
Es bleiben ihnen 103.000 Euro an Planungskosten und ca. 2 Mio Euro an Baukosten erspart - hoffentlich dauerhaft .
Antrags-Unterlagen