Pressemitteilung der „Interessengemeinschaft für eine bäuerliche Landwirtschaft in der Fränkischen Schweiz“
zum beabsichtigten Kernwegebau in der Fränkischen Schweiz
Die Interkommunale Ländliche Entwicklung (ILE) plant gemeinsam mit dem Amt für Ländliche Entwicklung (ALE) und dem Bayerischen Bayernverband (BBV) den Bau von Kernwegen in der Fränkischen Schweiz. Ende Januar fand eine öffentliche Online-Veranstaltung mit ca. 90 Interessenten statt. Dabei wurde von Seiten der Referenten argumentiert, dass als Erfordernis einer modernen Landwirtschaft ein sogenanntes Kernwegenetz auch in der Fränkischen Schweiz gebaut werden müsse. Darunter sind Wege mit einer Kronenbreite von 5,50 Metern mit einer Teerung von 3,50 Metern Breite zu verstehen, für die bei einem ergänzend erforderlichen Seitengraben 8,50 Meter Landverbrauch erforderlich werden. Die Wege sind für eine Achslast von 11,5 Tonnen ausgelegt. Durch ihre Anlage sollen große Flächen bewirtschaftet werden können. Das Kernwegenetz soll mit Bundes- und Kreisstraßen verbunden werden.
Bereits bei der Auftaktveranstaltung meldeten sich zahlreiche kritische Stimmen zu Wort, die die als positiv dargestellten Aspekte des Vorhabens hinterfragten. Als Reaktion auf die Vorstellung und im Zuge einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den planerischen Grundzügen hat sich daraufhin eine Interessengemeinschaft mit Akteuren aus der gesamten Fränkischen Schweiz gegründet. Die Gemeinschaft setzt sich aus am Erhalt ihrer Heimat interessierten Bürgerinnen und Bürgern, Landwirten, Jägern sowie Eigentümern und Grundbesitzern zusammen, die eine öffentliche Debatte anstoßen wollen. Sie stellen in Frage, dass der Kernwegebau wirklich den Zielen der Entwicklung des ländlichen Raums entspricht, den die Landwirte und die Bevölkerung der Fränkischen Schweiz wie ihre Liebhaber aus der Nähe und Ferne haben.
Die Fränkische Schweiz ist eine kleinstrukturierte, sehr abwechslungsreiche Landschaft. Bei nur wenig noch vorhandenen Haupterwerbslandwirten wird sie vorrangig von vielen Nebenerwerbslandwirten bewirtschaftet und versorgt. Die geplanten sehr breiten und ausgebauten Wege sind bestenfalls für sehr große landwirtschaftliche Maschinen von einem gewissen Nutzen, deren Anschaffung bereits durch Subventionen unterstützt wurde. Wir sehen keinen Mehrwert darin, wenn die Interkommunale Ländliche Entwicklung auf breit asphaltierte Straßen für riesige Landmaschinen setzt, die hauptsächlich dann dazu verwendet werden, um flächendeckend Maisäcker gemeindeübergreifend zu bewirtschaften. Die Vermaisung unserer Landschaft, die Übernutzung unserer Böden und der bereits jetzt festzustellende Verlust an Artenvielfalt würden damit in der Fränkischen Schweiz weiter verstärkt werden.
Flächen für die Nahrungsversorgung gehen verloren, weil Energiepflanzen wie der Mais für Biogasanlagen angebaut werden. Vermaisung und großflächige Landwirtschaft mit Monokulturen stehen der erklärten Zielsetzung der ILE entgegen, die Fränkische Schweiz als Ökomodellregion zu entwickeln. In dieser Zielsetzung ist der Erhalt und Ausbau einer vielfältigen Nahrungsmittelproduktion mit der Ausweitung des Ökolandbaus und dem Aufbau einer verbesserten regionalen Versorgung enthalten. Im Angesicht dieses Vorhabens müssen wir uns fragen, ob wir die industrielle Form der Landwirtschaft mit Steuergeldern und Fördermitteln für den Bau von Straßen in der jetzt beabsichtigten Weise unterstützen können, die weiterhin das Motto „Wachse oder weiche“ befeuert?
Für den Ausbau des Kernwegenetzes werden zusätzliche Flächen notwendig sein. Grund und Boden sind für die Landwirtschaft bereits jetzt ein teures Gut. Der BBV bedauert regelmäßig den steigenden Verlust an Ackerland. Sollen einzelne Landwirte ihr Ackerland dafür hergeben, damit Lohnunternehmer aus anderen Gemeinden freie Fahrt haben? Gleichzeitig befürchtet man mit dieser Maßnahme eine Flurbereinigung durch die Hintertür. Wir hoffen sehr, dass es viele Landwirte gibt, die für diesen Ausbau des Straßennetzes durch ihre Fluren keinen Grund zur Verfügung stellen!
Für die Fränkische Schweiz muss von der Neuanlage von vielen Kilometern geteerter Straßen durch die Kernwege ausgegangen werden. Damit wird die Versiegelung großer Flächen von Landvorangetrieben. Kommen auf den zu bewirtschaftenden Flächen dann landwirtschaftliche Maschinen mit hohen Achslasten zum Einsatz, hat dies eine massive Schädigung des Bodens der Äcker und Wiesen zur Folge. Die langfristigen schädigenden Auswirkungen daraus auf die Bodenqualität, das Grundwasser und die Artenvielfalt ist unübersehbar und muss verhindert werden!
Die neu angelegten asphaltierten Straßen sind ausdrücklich als Gemeindeverbindungsstraßen zu bewerten. Nicht nur dadurch wird der lokale Verkehr in der Landschaft zunehmen. Durch den Ausbau wird auch der individuelle motorisierte Freizeitverkehr gefördert. Wenn Gebiete erschlossen werden, die vorher nicht so einfach mit dem PKW zu erreichen waren, befürchten die Kritiker und hier insbesondere auch die Jagdpächter eine Zunahme von Wildparkern, Wildcampern und eine stärkere Beunruhigung des Wildes. Der Druck auf die Fränkische ist hier bereits jetzt schon groß.
Völlig unberücksichtigt ist bisher, dass das Kernwegenetz im Erhalt in die Unterhaltspflicht der Kommunen übergeht! Mit dem Ausbau der Straßen wird künftigen Generationen eine völlig unverhältnismäßige und unüberschaubare finanzielle Bürde auferlegt!
Die Fränkische Schweiz ist touristische Region. Sie hat eine Erholungsfunktion für ihre Bewohner und ist das Erholungsgebiet für die Menschen weit darüber hinaus. Einzelne unserer Mitglieder sind als Wanderwarte aktiv und sehen, dass durch den Kernwegebau weitere qualifizierte Wanderwege verloren gehen werden, die mit Steuermitteln finanziert und ausgewiesen worden sind. Mit dem geteerten Wegenetz sehen wir negative Konsequenzen für einen als zukunftsträchtig immer wieder beschworenen nachhaltigen Tourismus. Die Fränkische Schweiz muss ein Wanderparadies bleiben!
Es erscheint uns seltsam und unverständlich, dass in einer Zeit, wo alle politischen Anstrengungen sich auf die Verhinderung einer weiteren Klimaerhitzung ausrichten, nicht die Frage gestellt wird, welchen energetischen Aufwand der Ausbau dieses Straßennetzes bedeutet, angefangen von den Bodenverschiebungen über den Materialverbrauch bis hin zum Einsatz an Maschinenenergie.
Mit dieser verfehlten Förderpolitik eines Straßenbaus durch die Landschaft rettet man keine Landwirte, man fördert stattdessen das Höfesterben! Einen Mehrwert für die Allgemeinheit können wir nicht erkennen! Das Geld sollte besser den Landwirten direkt zukommen, die ihre Felder so bewirtschaften, dass es ein Miteinander von Landwirtschaft und Naturschutz geben kann. Wir kritisieren, dass den einzelnen Kommunen Fördermittel in Höhe von 75% zur Verfügung gestellt werden, damit sanierungsbedürftige landwirtschaftliche Wege in der freien Landschaft breit asphaltiert und ausgebaut werden, während wir gleichzeitig aber innerorts, in vielen Städten und Gemeinden, Straßen direkt vor unserer Haustürhaben, die marode sind, Schlaglöcher aufweisen und längst auf Sanierung warten.
Einig sind sich die Beteiligten der Interessengemeinschaft darin, dass sanierungsbedürftige Wege die entsprechenden finanziellen Mittel benötigen, um repariert zu werden. Wir brauchen dafür aber eine Umschichtung der Fördermittel für diejenigen Landwirte, die auf ein anderes Betriebssystem setzen wollen.Statt die Heimat durch Zuschüsse für diesen Kernwegebau zu zerstören und zu versiegeln, sollen die Geldmittel sinnvoll und sehr gezielt eine naturverträgliche Verwendung finden.
Die Interessensgemeinschaft erinnert die Planer an die Zusage, in allen Gemeinden die Bürgerinnen und Bürger rechtzeitig und umfassend zu beteiligen und einzuladen. Die Ortstermine sollen zeitlich so angeboten werden, damit auch Berufstätige daran teilnehmen können.
Johanna Eismann (Landwirtin, Wiesenthau)
Norbert Braun (BN Kunreuth)
Ulrich Buchholz (1. Vors. BN Kreisgruppe Forchheim)
Stefan Schmors (BN Hausen-Heroldsbach)
Doris Philippi (BN Kirchehrenbach, Wanderführerin)
Gabriel Deinhardt (Landwirt, Wohlmuthshüll)
Georg Schütz (BN Kunreuth)
Kurt Moes (BN Kunreuth)
Franz-Josef Klaus (Forchheim)
Matthias Striebich (Fraktionsvorsitzender der Grünen im Kreistag, Gräfenberg)
Steffen Müller-Eichtmayer (Stadtrat Forchheim)
Thomas Knauber (BN Pegnitz)
Hans Heilmann (Landwirt, Gosberg)
Inge Pütz-Nobis (GRÜNE KV Forchheim sowie BN Kreisgruppe Forchheim)
Thomas Nobis (DiB, BJV KG Forcheim)
Christian Kiehr (Kreisrat und Stadtrat, Ebermannstadt)
Elisabeth Krause (Kreisrätin, Ebermannstadt)
Martin Distler (Mitglied Kreisvorstand, B90/ Die Grünen Forchheim, Eggolsheim)
Klaus-Dieter Preis (Gößweinstein)
Jürgen Gajowski (Marktgemeinderat, Igensdorf)
Günter Lang (Marktgemeinderat, Igensdorf)
Verena Müller (Hardt, Wichsenstein)
Wolf-Dietrich Schröber (1. Vors. Imker Kreisverband Forchheim)