Eine Stadtbahn für Erlangen (Studie 1985)
Die Studie zur Grundsatzidee
Hinweis:
Nachstehend eine Kurzbeschreibung der Studie zu den jeweiligen Inhalten. Die Originaltexte, Karten, Tabellen und Abbildungen sind partiell durch die eingefügten Download-Links als pdf-Dateien zu erreichen, wobei die Dateien jeweils die Beschreibung und zugehörige Anhänge enthalten. Ein Komplett-Scan kann auf Anforderung als CD übermittelt werden.
(eingestellter Scan mit freundlicher Genehmigung Stefan Kinski)
Worum es geht
Bereits Anfang bis Mitte der 1980er untersuchte das Büro für angewandte Regional-, Siedlungs- und Verkehrsplanung FRANKEN-PLAN in einer Studie
- den Regionalraum Erlangens ,
- die Erlanger Entwicklung seit dem Jahre 1945 ,
- die Belastungen durch das hohe Pendleraufkommen aus dem Motorisierten Individualverkehr (MIV) und stellte
- Grundsatzüberlegungen zu dem zu wählenden Verkehrssystem vor, um diese Lasten zu senken.
Mit einem Blick auf Investitions- und Betriebskosten sowie die Förderungsfähigkeit nach Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz ist anschaulich eine potentielle zukunftsweisende Entwicklungsrichtung für die Stadt Erlangen und ihr Umland aufgezeigt, die sowohl für den Menschen selbst als auch für dessen Lebensumfeld Gewinn und Bewahrung bedeuten würde.
Entgegen der seit Mitte der 90er in der Angelegenheit herrschenden Stagnation wird hier knapp und treffend auf einer einzigen Seite die Grundsatzüberlegung “Schiene oder Bus?“ behandelt und diese Frage ganz klar und überzeugend zugunsten des Schienenverkehrsmittels beantwortet.
Für das Schienenverkehrsmittel sind drei Varianten in die Überlegungen einbezogen:
- reines S-Bahn-Netz
- reines Stadtbahn-Netz
- Mischvariante
Ermittlung Ist-Verkehrsaufkommen und Belastung der potentiellen Varianten
Anhand von Querschnittsbelastungen auf den Straßen und den Schienenstrecken des Untersuchungsgebiets wurden die Ist-Verkehrsaufkommen beim MIV und Öffentlichen Verkehr (ÖV) ermittelt und gebündelt auf die Verkehrswege der potentiellen Varianten übertragen. Hieraus wurde deren Grundbelastung für die dann folgenden Betrachtungen zu Modalsplit-Erhöhungen (Umstieg aus dem MIV auf die Schienenverkehrssysteme und deren Zubringerbusse) ermittelt.
Ausführungsvorschlag Schienenverkehrsmittel
Es folgt eine Betrachtung zu Gesamtnetzen in Form einer kleinen und großen Lösung, auch als Baustufen zu sehen (Seite 10, Karten 3-6). Detailliert werden die Linien der Stadtbahn für die große (K7,8) und die kleine Lösung (K9) dargestellt. Zusätzlich werden Alternativen zur Führung einer Stadtbahn über die Stecken der DB AG dargestellt (Seite 11).
Auf über 20 Seiten folgen Untersuchungen zur
- Nutzung der DB AG Strecken Zeckern-Höchstadt bzw. Forchheim bis Herzogenaurach
Dringlichkeit einzelner Stadtbahnstrecken (Seiten 12, 13, 14)
Ausführung bzw. Bauart von Stadtbahnfahrzeugen (S. 15, Tabelle Seiten 39, 40, 41)
- Ausführung des ergänzenden Bus-Zubringernetzes im Stadtgebiet Erlangen (S.16, Karte 10; S. 17, 18, Karte 11; S. 19, Karte 12; S. 20) und im Umland
Die Fahrzeugbauart legt die Studie nicht fest. Es werden die standardmäßigen Fahrzeugbreiten 2,30 m und 2,56 m aufgezeigt, wobei auf die seinerzeit noch indifferente Entscheidung Nürnbergs zum Aufbau des dortigen Stadtbahnsystems hingewiesen ist. Mittlerweile hat Nürnberg im größeren Stil Fahrzeuge der Breite 2,30 m beschafft.
Straßennetz für den Motorisierten Individualverkehr
Dieses Kapitel beschreibt den städtischem Straßenraum Erlangens im Bereich der Durchgangs- und innerstädtischen Verkehre (S. 21, Karte14, S. 22, Karte 13); überdeutlich wird auf den Zusammenhang zwischen der Stausituation des MIV und dessen Bevorzugung hingewiesen. Nicht im Mehr dieses Verkehrsraums wird die Lösungen der Situationen gesehen, sondern im Abbau der Bevorzugung des MIV gegenüber dem öffentlichen Verkehrsmittel – und im Umkehrschluss im Aufbau des ÖPNV zum Erreichen eines ausgewogenen Zustands.
Streckenbeschreibung des Stadtbahnsystems
Im über 10-seitigen, weiterführenden Kapitel werden Streckenführungsvorschläge dargestellt und auf generelle Machbarkeit untersucht. Ergänzt sind diese Ausführungen mit rund 50 Seiten Kartenmaterial und Abbildungen im Anhang.
Im Einzelnen sind dargestellt:
Führung im Stadtgebiet Erlangens (S. 23, Karten 15, 16, DetailsKarten 21-26, Abb. 94-101),
engere Ortsdurchfahrten allgemein (S. 24) sowie
- einzelne Außenstrecken ins Umland
- die kleine Lösung Erlangen-Neunkirchen (S. 25, 26, Karte 17, Details Karten 27-29, Abb. 102-103)
- die große Lösung Erlangen-Eschenau (S. 27, Karte 17),
- die Strecke Erlangen-Zeckern-Höchstadt (S. 28, Karte 20),
- die Strecke Erlangen-Weisendorf (S. 29, Karte 18, Details Karte 30),
- die Strecke Erlangen-Nürnberg und (S. 30, Karte 19)
- die Strecke St.Johann-Gerätewerk ( S. 31).
Die Anbindung Frauenaurach-Herzogenaurach ist über die Nebenstrecke der DB AG angedeutet.
Kosten und Finanzierung
Dem Kapitel Finanzierung (S. 32) ist eine detaillierte Kostenermittlungen in den Tabellen T3 (S. 42-44) mit Durchschnittes-km-Werten (Preisbasis 1985) angegliedert.
In diesem Kapitel wird die Eintrittskarte Erlangens in das Schienenverkehrssystem für Erlangen und sein Umland genannt. Erlangen muss sich darauf einstellen, einen wesentlichen Anteil der nicht geförderten Restfinanzierung – die Studie nennt 20% – zu schultern. Ein Kostenvolumen, welches nicht im Block als ein Betrag anfällt, sondern über die Realisierung von Unterbauabschnitten und bei entsprechender Haushaltsplanung auch finanzierbar ist.
Nutzen – Modalsplit, Umstiegsfaktor vom MIV auf die Stadtbahn
Kann eine Stadtbahn ein Umsteigen bewirken?
Schienenverkehrsmittel besitzen generell einen "Schienen-Bonus". Überall dort, wo eine Stadtbahn errichtet wurde, stiegen die Fahrgastanzahlen überdurchschnittlich an. Die politische Entscheidung, in diese Richtung aktiv zu werden, ist damit kein allzu großes Wagnis. Trotzdem scheuen die Verantwortlichen bis heute vor einem konsequenten Umsetzen zurück.
Hilfestellung bietet die Studie mit weitergehenden Untersuchungen zu strukturpolitischen Überlegungen im Stadtbereich Erlangens mit Schwerpunktlagen gemäß Karte31.
.
Im Einzelnen werden Perspektiven beleuchtet für
- neue Siedlungsschwerpunkte Verwaltung- / Wohnsiedlungsentwicklung (Seiten 33, 34)
- flächenmäßige Versorgung des Stadtgebietes mit Geschäften / Dienstleistungsbetrieben (S. 35,Karte 31)
- städtebauliche Verdichtung Südstadt (Seiten 36, 37)
und Grundlagen sowie Hinweisen zu den Gründen des Schienenbonus gegeben, wie
- Fahrzeitermittlung (S. 45)
- deutlich erhöhte Bequemlichkeit
- Entschleunigung des MIV (u a. Verschmälerung des Straßenraums, ÖPNV-Vorrangschaltung, Tempolimit auf der Landstraße) (S. 46 unten)
Nutzen-Kosten-Betrachtung
Die Studie konnte zum Erstellungszeitpunkt noch nicht auf die heute übliche Standardisierte Bewertungvon Verkehrswegeinvestitionen des öffentlichen Personennahverkehrs zur Ermittlung des nunmehr üblichen Nutzen-Kosten-Indikators zurückgreifen. Allerdings wurden hier bereits vergleichende Betrachtungen gemacht, wie seinerzeit bei der VAG üblich. Die Faktoren für eine Nutzen-Kosten-Betrachtung sind zusammengefasst in den Tabellen
- Auswertung Zuwachsprognosen der Varianten (Fahrgäste aktuell/prognostiziert), Tabelle 5 (S. 47)
- Querschnittsbelastung Einfallstraßen Erlangens aktuell/variantenprognostiziert,
- Einfallstraßen, Tabelle 6 (S. 48) und Innenstadt, Tabelle 7 (S. 48 unten)
Zusammengefasst sind die Daten
Verkehrsprognose, Fahrzeugbedarf, Betriebs- und Kapitalkosten in der Tabelle 9 (S. 52) und
der Betriebskosten mit Hinweis auf einen positiven Nutzwert-Kostenfaktor in Tabelle 10 (S. 53).
Resümee
Die richtungsweisende Studie zeigte bereits im Jahr 1985
- die verfolgenswerten Ansätze für ein Schienverkehrsmittel für Erlangen und sein Umland,
- die eindeutige Beantwortung der Frage Schiene oder Bus und
- dass das Schienenverkehrsmittel sowohl eine Absenkung der Belastungen aus dem MIV in Aussicht stellt, wie auch
- bei moderaten Betriebskosten
- einen Allgemeingewinn hinsichtlich des volkswirtschaftlichen Nutzens bietet.
Ein Anhang der Studie, das Presseecho “Alternative auf Schienen: Pendeln mit der Stadtbahn“ , macht nochmals deutlich, dass Bekenntnissen zur vorgeschlagenen Verkehrsinfrastruktur entsprechende Taten folgen müssen – auch wenn dies einen zu erwartenden Widerstand der Autolobby (Text 1985) zur Folge habe (siehe auch "Die vergessenen Prioritäten").
Bislang haben die politisch Verantwortlichen unserer Region die Chance zu einem Quantensprung in der Regional- und Verkehrsstrukturentwicklung noch nicht genutzt, eine Entwicklung, die neben dem Erreichen dieses höherwertigen regionalen Bewertungsfaktors gleichzeitig deutliche Gewinne im Umwelt- und Naturschutz bedeutet.
Es bleibt daher zu hoffen, dass alsbald ein Einstieg in das Wollen gefunden wird, denn der Wahlspruch
„Wer viel macht, macht viel Fehler, und wer nichts macht, macht keine“ führt allenfalls ins Abseits, nicht aber in die Zukunft.